Die THG-Quotenübertragung wendete sich zu Beginn nur an Betreibende öffentlicher Ladepunkte und wurde eingeführt, um CO2-Emissionen im Verkehrssektor zu senken. Ziel ist es, klimaschädliche Mobilität immer teurer, klimaschonende Fortbewegung dagegen immer günstiger werden zu lassen.
Die Höhe der jährlichen THG-Minderungsquote legt die Bundesregierung fest: aktuell sind es 7 Prozent, 2030 sollen es bereits 25 Prozent sein. Mineralölunternehmen müssen dabei den CO2-Ausstoß ihrer fossilen Treibstoffe mit CO2-Zertifikaten elektrischen Stroms kompensieren, der als nachhaltige Antriebsenergie im Verkehrssektor genutzt wird. Dieser wird mit dem dreifachen seines Energiegehaltes für die Erfüllung der Treibhausgasminderungs-Quote angerechnet.
Unternehmen nutzen Chance
Seit das Instrument vor neun Monaten eingeführt wurde, haben bereits zahlreiche EVUs, Stadtwerke und andere Unternehmen die Chance ergriffen und bieten ihrer Kundschaft die Abwicklung der Vermarktung ihrer THG-Quoten an.
Haltende von Elektroautos (BEV), E-Motorrädern und E-Rollern mit privaten Ladepunkten können sich die CO2-Einsparung ihres E-Fahrzeugs jährlich bescheinigen lassen und das von ihnen eingesparte CO2 „weiterverkaufen“: mit dem aktuellen Durchschnittswert von ungefähr 350 kg CO2 per annum bei einem E-Auto lassen sich somit etwa 350-400 Euro im Jahr verdienen.
Die meisten Stadtwerke und Energieversorger haben in der Vergangenheit bereits die Quoten ihrer öffentlichen Ladeinfrastruktur abgerechnet, die sie selbst betreiben. Durch die gebündelte Abwicklung von Ladestromquoten der E-Auto-Kunden können sie ihr eigenes abrechenbares Portfolio ausweiten, was ihnen ermöglicht, bessere Erlöse im Quotenhandel zu erzielen. Aktuell sind für die EVUs/Stadtwerke Zusatzerlöse von ungefähr 15 ct/kWh realistisch.
Quotenübertragung als Akquise-Modell
Doch abgesehen von diesen zusätzlich generierten Einnahmen haben viele Energieversorgungsunternehmen und Stadtwerke offenbar noch nicht erkannt, welchen Zusatznutzen ihnen die THG-Quotenübertragung bringt. Gerade die Einfachheit des 2030 soll die jährliche THG-Minderungsquote bereits 25 Prozent betragen.
Serviceangebote sowie die Höhe der Erlöse für die E-Auto-Besitzenden machen eine THG-Quotenvermarktung für Stadtwerke/EVUs zu einem attraktiven Instrument der Akquise und langfristigen Kundenbindung. In einer zunehmend intensiven Wettbewerbslandschaft sind Kundenbindung und „Customer Lifetime Value“, also der durchschnittliche Umsatz, den die Kundschaft während ihrer gesamten Geschäftsbeziehung mit dem Unternehmen erzielt, auch für Energieversorgungsunternehmen und Stadtwerke die zentrale „Währung“.
Drei Faktoren sind entscheidend für eine erfolgreiche Zielgruppenbindung. Zum einen klaren, auch finanziellen Vorteilen für die Kundschaft, beispielsweise durch exklusive Angebote von Energie- und Querverbundleistungen. Zum anderen eine bedürfnisorientierte Ansprache, die die kaufinteressierte Person als Individuum mit ihren Bedürfnissen aus der Masse heraushebt, und zuletzt ein spürbarer Komfortgewinn für die kaufende Person.
Doch um seine Zielgruppe erfolgreich zu binden und mit ihr Umsatz generieren zu können, muss man ihre Bedürfnisse kennen. Die Kundenschaftsdaten aus der THG-Quotenübertragung bedeuten deshalb einen richtigen Datenschatz, den es zu heben gilt! Damit können besonders Energieversorgungsunternehmen und viele Stadtwerke ihr gesammeltes Wissen über ihre Kundschaft deutlich ausbauen und ihr Produktportfolio entsprechend anpassen.
Digitales Zielgruppenmanagement hat Potenzial
Tatsächlich steckt im digitalen Zielgruppenmanagement und der Nutzung der Kundschaftsdaten in digitalen Geschäftsmodellen großes wirtschaftliches Potenzial für Stadtwerke und Energieversorgungsunternehmen. So ermöglicht beispielsweise eine Vernetzung ihrer unterschiedlichen Angebote auf einer zentralen digitalen Plattform Stadtwerken, die Präferenzen ihrer Kundschaft und ihr Konsumverhalten genauer nachvollziehen und eine Wertanalyse der Kundschaft vornehmen zu können.
Entsprechend leistungsfähige Lösungen zur Digitalisierung und Vernetzung der unterschiedlichen kommunalen Angebote sind bereits am Markt verfügbar.
War eine ganzheitliche Sicht auf das einzelne Profil, auf Verträge sowie das Konsum-und Mobilitätsverhalten der Kundschaft bisher kaum möglich, eröffnen neue Technologien nun erstmals eine 360°-Sicht hierauf. Das eröffnet Optionen für Cross-Selling-Modelle zwischen verschiedenen kommunalen Angeboten und zielgruppenspezifische Bündelprodukten im Querverbund, was allen Beteiligten einen deutlichen Mehrwert bietet.
Und ganz entscheidend: Zielgruppendaten sowie die Datenhoheit verbleiben in der Hand der Stadtwerke/EVUs, statt an Drittanbietende abzufließen. Eine spannende Option zum Ausbau des Customer Lifetime Value besteht zum Beispiel darin, die Personendaten aus der THG-Quotenvermarktung mit jenen im ERP-System bereits hinterlegten Personendaten des Energieversorgungsbereichs abzugleichen.
Das System zeigt dann beispielsweise, dass Strom-und Gaskundin Frau Müller ihr E-Auto regelmäßig in der Nähe ihrer Wohnung auflädt, also offenbar noch keine eigene Wallbox besitzt. Stadtwerke könnten zudem die Personendaten ihres ÖPNV und weiterer Geschäftsfelder des Querverbunds integrieren. So entsteht ein umfassendes Profil der kaufenden Person.
Entwicklung individueller Angebote
Mit diesem Detailwissen lassen sich individuelle Angebote entwickeln, bereichsüberspannende Klientelbindungskonzepte umsetzen und differenzierte Erlösmodelle für Endkonsumierende erproben, die den Wettbewerb außen vorlassen. Gerade die eigenen Leistungen und Serviceangebote im Querverbundbieten einen Vorteil im Wettbewerb mit externen White-Label-Anbietenden.
Zudem gehört die Ansprache per Gießkanne – also an alle – der Vergangenheit an. Die Wertschöpfung mit der einzelnen Kundschaft lässt sich spartenübergreifend über das gesamte Angebotsportfolio steigern, egal, ob E-Mobility, digitales Parken, ÖPNV oder Bäder. Durch eine individuelle Ansprache und Pflege der Kaufinteressierten steigt in der Regel auch deren Loyalität und die Preisentwicklung ist nicht mehr das zentrale Argument.
„Wir, die Stadtwerke Troisdorf, ermöglichen unseren Kunden den Wechsel in einen nachhaltigen Lebensstil und gestalten diesen für sie so komfortabel wie möglich. Das gilt auch für das Thema THG-Quote, das für viele Kunden noch Neuland ist“, erklärt Alexander Eckner, Bereichsleiter Kunde und Markt bei den Stadtwerken Troisdorf.
„Die THG-Quote bietet eine klassische Win-Win-Situation mit enormem Potenzial. Wir haben deren Vorteile erkannt und möchten unseren bestehenden und potenziellen Kunden hier ein 360-Grad-Erlebnis bieten. Dazugehört auch, dass wir unsere Prozesse und Kommunikation intelligent digitalisieren und vernetzen, denn Schnelligkeit ist ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.“