Steffen Winkler, Bosch Rexroth Von Net Zero zu Net Plus

Steffen Winkler ist CSO der Business Unit Automation & Electrification Solutions bei Bosch Rexroth. Mit über 25 Jahren Berufserfahrung in Entwicklung, Produktmanagement, Business Development, Unternehmensstrategie, internationalem Vertrieb und Key Account Management sowie aktiver Mitarbeit in Branchenverbänden ist er anerkannter Experte im weltweiten Automatisierungsmarkt.

Bild: Bosch Rexroth
22.10.2024

Nachhaltigkeit ist nicht nur eine Option, sondern eine zwingende Notwendigkeit, die gemeinsam und global angegangen werden muss. In der Industrie ist die Automatisierungstechnik ein wichtiger Stellhebel zur Effizienzsteigerung. Jedoch muss die Industrie auch ihre Zielparameter im Blick behalten und sich nicht nur an Net Zero ausrichten, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, sondern sich stärker auf „Net Plus“ fokussieren. Das heißt, mehr Maßnahmen ergreifen, um effizienter und nachhaltiger zu werden. Wie kann dies gelingen?

Das Konzept der Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft und basiert auf dem Grundsatz, nur so viele Ressourcen zu nutzen, wie nachwachsen können. Bedauerlicherweise wurde dieses Prinzip nie konsequent befolgt, was zu schwerwiegenden globalen Problemen geführt hat. Nachhaltigkeit ist heute eine zentrale Herausforderung, die global angegangen werden muss. Der Klimawandel, der Verlust der Artenvielfalt und das Überschreiten der planetarischen Belastungsgrenzen sind deutliche Indikatoren für das globale Versagen, nachhaltig zu wirtschaften.

Das Konzept der planetarischen Grenzen stützt sich auf Prozesse, die für die Aufrechterhaltung der Stabilität und der Belastbarkeit der Erde entscheidend sind. Gegenwärtig wurden bereits sechs von neun planetarischen Grenzen überschritten. Die derzeitigen Maßnahmen reichen nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen. Trotz internationaler Vereinbarungen besteht die Gefahr, das 1,5-Grad-Ziel zu verfehlen und auf einen gefährlichen Temperaturanstieg von über drei Grad zuzusteuern. Hinzu kommt, dass der Energieverbrauch weltweit steigt und technologische Entwicklungen wie die künstliche Intelligenz enorme Energiemengen verbrauchen.

An dieser Stelle kann die Automatisierungstechnik helfen, die Energieeffizienz von Maschinen und Anlagen zu steigern. Allein 70 Prozent des industriellen elektrischen Energieverbrauchs entfallen auf Elektromotoren und elektromotorische Systeme. Hier ist das Einsparpotenzial daher besonders groß. Durch Elektrifizierung und den Umstieg auf erneuerbare Energien können fossile Brennstoffe ersetzt werden. Die Automatisierung ermöglicht zudem die genaue Überwachung und Optimierung von Prozessen. Durch Energiemessung, Visualisierung und Simulation können Unternehmen Einsparpotenziale identifizieren und durch Umsetzung daraus abgeleiteter Maßnahmen ihren Energieverbrauch deutlich senken. Dabei sollen industrielle Systeme nicht nur effizient, sondern auch ressourcenschonend gestaltet werden. Ein weiterer Schritt in Richtung Net Plus-Ziel ist die Förderung der Kreislaufwirtschaft. Durch die Rückgewinnung und Wiederverwendung von Materialien wie Aluminium, Kupfer und Stahl können erhebliche Energiemengen eingespart werden. Produkte, die langlebig und recyclingfähig sind, können ihren eigenen ökologischen Fußabdruck minimieren.

Um die Nachhaltigkeitsziele in der Industrie zu erreichen, ist zudem eine globale Zusammenarbeit unerlässlich. Moderne Automatisierungstechnik kann hier Veränderungen bewirken, wenn sie weltweit verfügbar ist, eingesetzt und weiterentwickelt wird. Der Weg von Net Zero zu Net Plus ist ehrgeizig, aber notwendig. Die Automatisierungstechnik kann diese Zielstellungen unterstützen. Hierzu müssen wir Bestehendes hinterfragen, Prozesse optimieren und die globale Zusammenarbeit fördern.

Schon heute bietet die Automatisierungstechnik zahlreiche Lösungen, um Energie effizienter zu nutzen. Von der Einführung energieeffizienter Maschinen bis hin zur Optimierung von Produktionsprozessen eröffnet sie zahlreiche Möglichkeiten. Auch der Einsatz intelligenter Steuerungssysteme kann dazu beitragen, den Betrieb von Maschinen zu optimieren und Energie einzusparen. Ein Beispiel: Aktuell findet eine Transformation von zentralisierter Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen hin zu verteilten hybriden Konzepten statt. Dies bedingt unter anderem viele kleinere Lösungen zur Energieerzeugung, basierend auf erneuerbaren Energien. Die neuen Anlagen erfordern auch eine neuartige Steuerungstechnik, wie sie Bosch Rexroth mit der Steuerungsplattform ctrlX CORE bietet. Hier spielt die Orchestrierung von Energieerzeugungsanlagen eine wichtige Rolle. Durch die Koordination und Steuerung verschiedener Energiequellen können Engpässe vermieden und Schwankungen ausgeglichen werden. Das gesamte Energieerzeugungssystem kann optimal genutzt werden, was letztendlich zu einer zuverlässigen, effizienten und nachhaltigen Versorgung führt. Die ctrlX CORE hat auch Siemens Energy überzeugt, da diese sowohl als SPS-Steuerung für die Energieanlagen als auch als IoT-Gerät für die Verbindung dieser Anlagen in die Cloud dient.

Es ist kein einfacher Weg hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft, aber die Automatisierungstechnik bietet entscheidende Werkzeuge, um diesen Wandel zu unterstützen. Es liegt an uns, diese Technologien effektiv einzusetzen und gemeinsam an einer nachhaltigen Zukunft zu arbeiten. Nur durch globale Zusammenarbeit und Innovation können wir die Herausforderungen der Zukunft meistern und einen positiven Beitrag zur Erreichung unserer Klimaziele leisten.

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