A&D: Sie fordern deutsche Unternehmen dazu auf, sich auch auf chinesische Messen besser zu präsentieren. Warum?
Reinhold Rösemann: Deutsche Produkte waren in China immer schon angesehen, natürlich auch die Messtechnik. Entsprechend haben deutsche Unternehmen versucht sich auf dem Markt zu etablieren. Aber inzwischen sind auch Länder wie Korea und Taiwan so hoch technologisiert, dass sie - trotz historischer Probleme - auch nach China liefern. Wenn ich die riesigen Stände des taiwanesischen Verbands der Elektroindustrie auf ausländischen Messen sehe, dann befürchte ich, dass dessen Mitglieder den chinesischen Markt bedienen werden. Sie verfügen längst über die Technik aus dem Westen - und sind geografisch, sprachlich und kulturell nah dran. Wir müssen heute vorbeugen, damit wir nicht ins Hintertreffen geraten.
Was tun Sie als deutscher Verband dafür, dass die deutsche Messtechnik in China beliebt bleibt?
Wir müssen natürlich zusehen, dass wir uns dort besser präsentieren. Zum Beispiel indem wir auf den wichtigen Messen mit Info- oder Gemeinschaftsständen vertreten sind. Der AMA-Fachverband für Sensorik veranstaltet zudem auch Seminare, sowohl an Hochschulen als auch auf Messen. Dann bieten wir und unsere Mitglieder ein entsprechendes Programm über Messtechnik und Sensoren oder auch einen Vortrag über Green Factory. Die Redner sprechen zwar hauptsächlich englisch, aber wir haben chinesische Co-Sprecher. Es nehmen meistens 60 bis 200 Personen teil.
Haben Ihre Maßnahmen schon Wirkung gezeigt?
Wir haben dieses Angebot seit vielen Jahren. Inzwischen haben sich einige Firmen dort etabliert und machen gute Umsätze. Hier liegt also die Chance, in einen riesengroßen Markt einzusteigen. Doch die meisten Unternehmen sehen sich in Deutschland in einer stabilen Umgebung und fragen sich: Muss ich denn überhaupt investieren und noch größer werden? Das muss man sich als Hersteller natürlich auch überlegen.
Also liegt das Problem eigentlich darin, die deutschen Unternehmen an dieser Stelle abzuholen?
Ja, das ist ein wichtiger Punkt. Selbst ein Konzern mit 10000 Mitarbeitern tut sich nicht leicht, in China einzusteigen. Aber nehmen Sie einen Kleinbetrieb mit 50 Leuten: Woher soll der die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen haben? Gerade ihnen helfen wir, Land und Leute kennen zu lernen, Messen zu besuchen oder eine Anwenderreise zu machen, um zu sehen, wie in chinesischen Betrieben produziert wird.
Wo sehen Sie Stärken, mit denen sich deutsche Hersteller auf einem Markt wie China etablieren können?
China, Indien, selbst Südamerika - bei Made in Germany und deutscher Präzision sind viele Kunden überzeugt, dass sie etwas Gutes geliefert bekommen. Zwar sind deutsche Produkte oft teurer, aber wir müssen uns als OEM- oder Hightech-Lieferant positionieren, damit wir nicht im Massenmarkt untergehen. Es macht keinen Sinn mit einfachen elektronischen Bauteilen aus Deutschland gegen China konkurrieren zu wollen. Aber mit Besonderheiten, wie hoher Temperaturmessung oder Produkte für aggressive Medien, sind wir besser und können sehr gute Lösungen bieten.
Welche Märkte sollte man noch im Auge behalten?
Indien ist ein riesiger Markt, der gerade im Kommen ist. Es gibt dort noch einige Probleme, aber wer rechtzeitig kommen will, sollte schon darüber nachdenken. Es ist sicher ein attraktiver Markt. Brasilien ist auch ein spannendes Thema. Selbst Russland, obwohl das kein einfacher Markt ist. Auch die Türkei ist nicht uninteressant, ebenso Korea. Wir kommen nicht drum herum zu erkennen, dass dort große Märkte schlummern.