Bauelemente Die Schalthebel der Elektronik

TE Connectivity Germany GmbH



29.04.2013

Häufig schon wurde dem elektromechanischen Relais (EMR) gegenüber dem elektronischen Halb­leiterrelais (SSR, Solid State Relay) ein baldiges Ende prophezeit. Doch wie meist in solchen Fällen gedeihen beide einträchtig nebeneinander weiter und erfreuen sich unablässiger Innovationen.

Sponsored Content

Auch für das laufende Jahr sind die Erwartungen der Relaisbranche sehr hoch; das Wachstum soll in einigen Fällen zehn Prozent übertreffen. Um ein Beispiel herauszugreifen: Der Branchenvierte (Hongfa) erwartet eine Mehrproduktion von über einer Milliarde Stück. In der weltweiten Relaisrangliste liegen TE Connectivity, Panasonic und Omron an der Spitze, doch die Zahl ausgewiesener Relais-Spezialisten mit globaler Ausrichtung ist hoch. Alle vertrauen gerade bei den Zukunftserwartungen sowohl auf stabile Märkte wie die Automatisierung, Weiße Ware und den Kraftfahrzeugsektor als auch auf Hoffnungsträger wie die erneuerbaren Energien (Solar) oder das Smart Meter.

Im Vergleich zu den langlebigen SSR, die mit Leistungshalbleitern geräuschlos und verschleißfrei schalten und deshalb vor allem bei einer hohen Schalthäufigkeit von zig Millionen eingesetzt werden, weisen EMR eine Reihe technischer Vorzüge auf: Steuer- und Schaltstromkreis sind galvanisch getrennt, und sie schalten hohe Lasten mit niedriger Leistung; zudem eignen sie sich zur gleichzeitigen Steuerung mehrerer Spannungen und Schaltungen. EMR sind störfest, und die Spule ist verhältnismäßig unempfindlich gegen Überspannungen. Allerdings sind sie stoßempfindlich, ihre Ansprech- und Abfallzeiten sind hoch, sie entwickeln ein Schaltgeräusch und sie unterliegen einem elektrischen und mechanischen Verschleiß - mit anderen Worten: Sie haben, wie alle mechanischen Bausteine, eine endliche Lebenserwartung, die indessen nicht selten höher liegt als die der Geräte, in die sie eingebaut sind.

Schwachstelle Spule

Die Schwachstelle eines EMR ist meist die Spule. Zwar können Kontakte bei hoher Überlastung durch Lichtbogenbildung verschweißen, doch das ist selten; EMRs können AC- oder DC-Lasten bis zum maximalen Nennwert über einen weiten Temperaturbereich schalten. Da sich ihr Kontaktwiderstand mit steigender Last verringert, ist keine Kühlung erforderlich. Bei offenen Kontakten besteht eine nahezu vollständige Isolierung zwischen Leitung und Last, die nur durchbrochen wird, wenn die angelegte Spannung die Durchschlagsfestigkeit des Relais übersteigt. Darüber hinaus gibt es dann keine Alternative zur elektromechanischen Schaltlösung, wenn eine Schaltung mit minimalem Abfall der Einschaltspannung definitiv ein- oder ausgeschaltet werden muss oder wenn man die Gefahr oder mögliche Schäden durch Leckströme unterbinden will.

Zurück nach Europa

Zurück zu den Vorhersagen: Noch vor wenigen Jahren gaben die Fach-Auguren der Relaisfertigung in Europa keinerlei Zukunftschancen angesichts der fernöstlichen Preis- und Lieferangebote. Doch erstaunlicherweise hat sich die Situation mittlerweile gedreht: Heutzutage werden viele Relaisaufträge wieder von europäischen Betrieben deutlich günstiger und reibungsloser erledigt. Wobei nicht nur der Preis für einen Einkauf "vor der eigenen Tür" spricht, sondern auch eine höhere Flexibilität, eine kürzere Lieferzeit sowie einfachere Zulassungsbedingungen. Die Nähe zu Schlüsselkunden etwa im Automotive-Sektor ist Voraussetzung für die rasche Umsetzung von Innovationen und Verbesserungen. Ein höheres fachliches Niveau sowie eine höhere Konstanz bei den Mitarbeitern gewährleisten zudem die erforderliche Kompetenz- und Kostenstabilität. Die Materialkosten dagegen sind für beide Gruppen gleich, im Gegensatz zu Zoll und Fracht. Die europäischen Anbieter haben außerdem nicht erst in jüngerer Zeit gelernt, dass man auch mit Spezialvarianten sowie mit Chargen im Bereich von 100-k-Einheiten die umworbenen Neukunden auf sich aufmerksam machen und an sich binden kann, während die Hersteller aus der Volksrepublik meist erst im siebenstelligen Stückzahlbereich zu rechnen beginnen.

Drei Anwendungsgebiete

Grundsätzlich unterscheidet man drei Hauptanwendungsbereiche für Relais mit jeweils sehr verschiedenen Anforderungen: Telekom- beziehungsweise Signalrelais als älteste Version (seit 1835), Netzrelais für allgemeine Anwendungen sowie Kraftfahrzeugrelais. Die bei Signalrelais angestrebten gleichmäßig niedrigen Kontaktübergangswiderstände bei sehr kleinen Strömen und hohen Schaltspielzahlen werden meist mit goldbeschichteten Doppelkontakten erreicht. Bei der HF-Übertragung, die eine geringe Dämpfung voraussetzt, werden die Lastpfade so dimensioniert, dass störende Kapazitäten und Induktivitäten minimiert werden können. Darüber hinaus stellen weder die thermischen, mechanischen und klimatischen Ansprüche größere Herausforderungen noch die Toleranzen der Ansteuerspannungen, da die Relaisspulen meist von stabilisierten Spannungsquellen angesteuert werden.

Dagegen steht bei Netz- oder Industrierelais, die überwiegend in Industriesteuerungen, Gebäudeinstallationen und Haushaltsgeräten zum Einsatz kommen, der Schutz des Anwenders vor elektrischen Schlägen im Mittelpunkt: Er wird über eine hohe Isolation (Luft- und Kriechstrecken) zwischen dem Last- und Erregerkreis erreicht. Die zu schaltenden Lasten werden üblicherweise mit Wechselspannung betrieben, was dazu führt, dass der Abschaltlichtbogen normalerweise beim ersten Nulldurchgang der Spannung erlischt. Für die mechanischen und klimatischen Anforderungen sowie die Ansteuerspannungsbereiche gilt prinzipiell dasselbe wie für Signalrelais. Für thermisch kritische Anwendungen (Umgebungstemperaturen bis 125 °C) sind häufig auch Hochtemperaturvarianten erhältlich.

Kraftfahrzeug-Relais für Netze mit 12 bis 60 VDC, für die kein besonderer Berührungsschutz erforderlich ist, müssen hohe mechanische Schock-, Schwingungs- und thermische Belastungen (-40 bis 125 °C) aushalten. Außerdem müssen sie in sehr großen Spannungsbereichen funktionieren: bei 12 VDC Nennspannung und kritischen Anwendungen von 6 bis 18 VDC. Eine starke Zunahme verzeichnen Anwendungen mit Spannungen von deutlich über 60 VDC für die Versorgung der elektrischen Antriebe, die spezielle konstruktive Maßnahmen erfordern.

Neue Einsatzmöglichkeiten

Zwar sollten mit einer Relaisentwicklung möglichst viele Anwendungen abgedeckt werden, um hohe Stückzahlen am Markt zu erzielen; dennoch ist es oft möglich und immer öfter auch notwendig, Relais außerhalb der ursprünglichen Industriebereiche einzusetzen. So werden im Automobil einerseits unzählige Signale übermittelt und geschaltet (Infotainmentsysteme, Kfz-Busse, Antennen für Radio, GSM/UMTS, GPS und Keyless Entry), andererseits aber Elektromotoren im kW-Bereich für den Antrieb von Hybrid- und Elektrofahrzeugen eingesetzt. Die Elektromotoren werden von Energiequellen mit Gleichspannungen von ungefähr 400 VDC (bis 800 VDC) versorgt, die wiederum von externen Wechselspannungsquellen mit 110, 230 oder 400 VAC aufgeladen werden können.

Der Einsatz von Signal- und Netzrelais in Kraftfahrzeugen erfordert eine genaue Kenntnis der spezifischen Anforderungen und der entsprechenden Grenzwerte der Relais. Im günstigsten Fall können existierende Produkte nach Automotive-Spezifikationen geprüft und freigegeben oder durch Modifikationen "Automobil-tauglich" gemacht werden. Umgekehrt kann man die Vorteile von Automobilrelais auch in industriellen Anwendungen nutzen, sofern keine UL- oder VDE-Zulassungen erforderlich sind, die zusätzliche Kosten verursachen. Zum Beispiel setzt man Automobilrelais in Notstromversorgungen bis 48 VDC und Steuergeräten ein.

Verwandte Artikel