Die Strompreise sind in Deutschland aktuell ein großes Thema: Wer bei Google Trends recherchiert, stellt fest, dass in keinem anderen europäischen Land so oft das Wort „Strompreis“ gegoogelt wird. Trotz der Strompreisbremse werden Verbraucher dabei teils empfindliche Mehrkosten hinnehmen müssen, so die Meinung des Physikers und Stromexperten Jan Rabe. „Die Strompreisbremse ist kein Regenschirm“, sagt er. „Nass werden wir trotzdem.“ Rabe, der auch Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens Rabot Energy ist, empfiehlt dabei, genau hinzusehen: Denn die Preiserhöhungen fallen deutschlandweit sehr unterschiedlich aus.
Unterschiede bei Grundversorgern am Beispiel München, Frankfurt, Flensburg
Laut Statistischem Bundesamt kostete eine Kilowattstunde im ersten Halbjahr 2022 im Schnitt 34,50 Cent. Nun kündigten viele Grundversorger in den vergangenen Wochen Preissteigerungen an. Eine von Rabot Charge durchgeführte Analyse ergab, dass diese Preiserhöhungen sehr unterschiedlich ausfallen und deutschlandweit erhebliche Preisunterschiede herrschen: So reicht die Preisspanne von teilweise 43,33 Cent pro Kilowattstunde in Flensburg über 50,46 Cent in Frankfurt bis 61,89 Cent pro Kilowattstunde in München (Stand: 16. November 2022). Auch wenn Preiserhöhungen vor dem Hintergrund der aktuellen Energiekrise unvermeidbar sind, sollten Verbraucher genau hinschauen, wenn sie Post von ihrem Versorger bekommen – denn gegebenenfalls können sie ihren Strom woanders günstiger beziehen.
Haushalte mit Wärmepumpen und Elektroautos besonders betroffen
Besonders stark betroffen von Preiserhöhungen sind Betreiber von Elektrofahrzeugen oder Wärmepumpen. Ein E-Auto verbraucht im Jahr 2.250 kWh Strom, legt man den deutschen Durchschnitt von 15.000 gefahrenen Kilometern zugrunde. Das entspricht fast dem Stromverbrauch eines Ein-Personen-Haushaltes.
Eine Wärmepumpe verbraucht sogar noch mehr: Sie schlägt bei einem Haus mit 160 m2 Wohnfläche mit einem mittleren Stromverbrauch von 4.320 bis 6.720 kWh zu Buche. Auf diese Haushalte kommen im Jahr schnell einige hundert Euro Mehrkosten zu.
Strompreisbremse kein Allheilmittel
Durch die geplante Strompreisbremse, die zum 1. Januar 2023 greifen soll, werden Verbraucher zwar entlastet, aber eben nur teilweise. Dies aus zwei Gründen:
Erstens soll die Strompreisbremse die Preise bei 40 Cent pro Kilowatt deckeln. Das heißt, dass die Strompreise auf jeden Fall im Vergleich zum Vorjahresdurchschnittspreis um 5,5 Cent steigen.
Zweitens wird die Strompreisbremse nur 80 Prozent des Vorjahresstromverbrauches deckeln, um einen Anreiz zum Stromsparen zu setzen. Das ist sinnvoll, dennoch wird es einige Härten geben. So können Haushalte, die bereits sehr sparsam waren, ihren Stromverbrauch vermutlich nicht um weitere 20 Prozent senken. Hier werden die neuen hohen Strompreise der Versorger bei einem Teil des Stromverbrauches durchschlagen. Auch wer sich zum Ende des Jahres ein Elektroauto oder eine Wärmepumpe zugelegt hat, könnte sein blaues Wunder erleben: Denn die Strompreisbremse wird nur für 80 Prozent des im September 2022 prognostizierten Jahresverbrauchs greifen.
Fixpreise versus Börsenpreise
Rabe ist der Ansicht, dass das bisherige Modell der Fixpreise nicht mehr zeitgemäß ist und einen Großteil der Verbraucher benachteiligt. Er präferiert ein Preismodell, das auf Börsenpreisen basiert: „Im Intradaymarkt sehen wir an der Strombörse starke Preisschwankungen, sodass die Preise im Tagesverlauf regelmäßig unter die Fixpreise der Anbieter fallen. Teilweise sind sie sogar negativ. Beispielsweise wenn viel Wind ist und das Stromangebot die Nachfrage übersteigt.“
Der Physiker hat deshalb ein Stromversorgungsmodell entwickelt, das es Verbrauchern ermöglicht, Strom zum tagesaktuellen Börsenhandelspreis zu beziehen – ohne Aufschläge und Gewinnmargen. Auf diese Weise können Haushalte ihre Stromkosten senken; besonders solche mit Elektrofahrzeugen, Wärmepumpen oder Solaranlagen. Sie können flexibel einen Großteil ihres Stromverbrauchs in Niedrigpreisphasen verlegen.