Die Distribution und der B2B-Online-Handel im industriellen Umfeld können mit der Umsatzentwicklung 2017 durchaus zufrieden sein. Auch die damit einhergehenden Wachstumszahlen und Prognosen für das laufende Jahr können sich sehen lassen. Triebfedern sind vor allem Aktivitäten rund um die Digitalisierung, Industrie 4.0 und das Internet der Dinge (IoT).
Das bestätigt auch Automation24-Geschäftsführer Stefan von der Brey: „Lange Zeit war Industrie 4.0 eher ein Modewort, mit dem die wenigsten KMUs etwas anzufangen wussten. Mittlerweile wird das Thema auch für diese Zielgruppe greifbarer, da immer mehr Lösungen und Lösungsansätze entwickelt und die Sortimente entsprechend angepasst werden. Wir bauen unsere Produktbereiche stetig weiter aus, und natürlich spielen dabei die Themen Industrie 4.0, IO-Link und IoT eine Rolle.“
Trendthema: E-Procurement
Alfred Lipp, Leiter Vertrieb und Marketing von Bürklin Elektronik, fügt hinzu: „Alles rund um das Thema IoT, speziell den Bereich Industrial Automation, sehen wir weiter im Fokus. Wir können zudem Zuwachs im Bereich Embedded Systeme und Boards erwarten, sowie beim Thema E-Procurement, das als klarer Trend erkennbar ist. Die Kunden fragen vermehrt nach möglichen Anbindungen.“
Zweifellos zählt der B2B-Onlinehandel in seinen verschiedenen Formen zu den größten Segmenten der deutschen Internetwirtschaft. Denn den Anbietern ist es gelungen, die langfristigen komplexen Kundenbeziehungen sowie die Supply-Chain- und Lager-Strukturen in Echtzeit online abzubilden. Der Umsatz erreichte 2015 bereits 33 Milliarden Euro, und 2019 sollen es sogar bis zu 58 Milliarden Euro sein. Arthur D. Little prognostiziert für den Bereich in den kommenden Jahren somit ein durchschnittliches Jahreswachstum (CAGR) von 15 Prozent.
Die Euphorie wird allerdings durch eine ständige Margen-Erosion ebenso gebremst wie durch eine angespannte Liefersituation. Eine Herausforderung stellen außerdem die Bemühungen dar, den Abnehmern bei möglichst erhöhter Reichweite sowie verbindlichen Lagerbeständen und Lieferzeiten „alles aus einer Hand“ und nicht nur Komponenten und Systeme, sondern auch Gesamtlösungen zu bieten. Das setzt umfangreiche Investitionen in Manpower, IT, Produkte und Materialien voraus. Der Kunde erwartet vom Distributor kostenfrei immer mehr Beratungsleistungen; gleichzeitig werden die Produkte erklärungsbedürftiger, und die Dokumentationsanforderungen steigen.
Plattformkonzept: „Alles aus einer Hand“
Vor einem Jahr sorgte Conrad mit der Vorstellung des ersten B2B-Marktplatzes für die Elektronikindustrie für großes Aufsehen. Stefan Fuchs, VP Business Supplies von Conrad Electronic, erklärt: „Neue Entwicklungen für die Bereiche Smart Building, Virtual Reality und verschiedenste Industrieanwendungen im IoT-Bereich sorgen zum Beispiel dafür, dass sich die Kundenanforderungen stetig verändern. Hinzu kommt, dass sich die Produktlebenszyklen zunehmend verkürzen, weshalb neue Produktentwicklungen schneller als bisher umgesetzt werden. Unsere Kunden wünschen eine hohe Flexibilität, die es ihnen erlaubt, immer kurzfristiger auf deutlich mehr Artikel zuzugreifen. Der Trend hin zur Digitalisierung und intelligenten Vernetzung (Industrie 4.0) sowie die vielfältigen Möglichkeiten des Internet der Dinge (IoT) sind noch lange nicht ausgeschöpft, was immer wieder zahlreiche Herausforderungen mit sich bringt.“
Aus diesem Grund habe Conrad letztes Jahr den Online-Marktplatz conrad.biz gelauncht. „Kunden haben nun einen schnellen und einfachen Zugriff auf alle relevanten Seller und Produkte für ihr Business und sparen zudem Zeit bei der Bestellung“, führt Fuchs weiter aus. „Durch diese neue Art des One-Stop-Shoppings ergibt sich für B2B-Kunden eine zentrale Anlaufstelle für unzählige Produkte, und dennoch ist sicheres Einkaufen durch geprüfte Seller und durch den Kauf auf Rechnung möglich. Diese und andere Maßnahmen haben uns geholfen, unseren Anteil am B2B-Geschäft in Europa schon jetzt über 50 Prozent zu steigern.“
Online-Engineering als Geschäftsbasis
Jörg Strughold, Vice President Sales, Arrow EMEA Components, ergänzt: „Wir verzeichnen bei vielen Kunden eine Aufbruchstimmung hinsichtlich IoT und Digitalisierung. Arrow hat im Bereich IoT in den vergangenen Jahren ein umfassendes Technologie-Produkt, Lösungs- und Service-Portfolio aufgebaut. Wir nennen diesen Ansatz ‚Sensor-to-Sunset‘. Als globaler Distributor können wir nicht nur die elektronischen Komponenten für den Aufbau von IoT-Lösungen anbieten, sondern auch IT und Enterprise Computing; von Sensoren, Wireless-Modulen, Embedded-Technologien und Gateways bis hin zu Lösungen für IT Security, Cloud und Big Data.
Die digitale Transformation werde weiter voranschreiten sowohl bei Arrow als auch bei den Kunden, ist sich Strughold sicher. Er fügt hinzu: „Seit Jahren investieren wir stark sowohl in unser Online-Design- als auch Online-Einkaufsangebot über unsere Plattform arrow.com. Aktuell bauen wir ein europäisches Team auf, das sich ausschließlich auf Unterstützung des digitalen Geschäfts fokussiert. Entwicklungsdienstleistungen haben sowohl online als auch offline einen sehr hohen Stellenwert. Neben unserer engmaschigen Präsenz weltweit mit FAEs bei Kunden vor Ort haben wir in den letzten Jahren einen starken Fokus auf Online Engineering gelegt.“
Wie geht es weiter?
Wachstumspotenzial und Attraktivität von B2B-E-Commerce hängen stark mit dem digitalen Wandel der deutschen Wirtschaft und einem hohen Automatisierungsgrad – die Gesamtoptimierung der Arbeitsabläufe amortisiert sich sehr schnell – zusammen. Auch die heiß gehandelte Künstliche Intelligenz beziehungsweise das Machine Learning machen vor Distribution und Online-Handel nicht Halt – um vor allem das Einkaufserlebnis zu verbessern, zu personalisieren sowie um die Komplexität der Vernetzung im Omnichannel und im digitalen Marketing eleganter (und erfolgversprechender) zu gestalten.
„Die aktuell sehr guten wirtschaftlichen und konjunkturellen Rahmenbedingungen in Deutschland und zum Teil auch in Europa bleiben unserer Ansicht nach mindestens für das erste Halbjahr 2018 erhalten,“ meint Stefan Fuchs von Conrad. Auch der Verknappung, zum Beispiel insbesondere bei passiven Bauelementen, könne durch intelligente Lagerhaltung die Spitze genommen werden, fügt Alfred Lipp von Bürklin Elektronik hinzu. „Das setzt jedoch eine frühe und umfangreiche Einbindung unserer Kunden in seine Pläne voraus.“
Dieser Artikel Teil des Fokusthemas „Distribution" aus