Digital Energy & Energieeffizienz Effizienz stoppt das Geldverbrennen


Energieintensive Wärmebehandlung: Effizienzmaßnahmen in der Industrie verhindern, dass Rohstoffe und Geld sinnlos verpuffen.

04.04.2013

Steigende Energiepreise zwingen viele Industriezweige, althergebrachte Praktiken zu überdenken. Ein Härtereibetrieb ließ daher 2012 einen sogenannten Endoinjector installieren. Die Anlage regelt die Gassynthese automatisch und spart so in jeder Stunde rund sechs Kubikmeter Erdgas.

Die Härtereibranche gehört zu den energieintensiven Industriezweigen, da die Schutzgasgeneratoren bislang meist durchgehend unter Volllast laufen. Etwaig anfallende Überproduktion wird einfach abgefackelt - bei Erdgaspreisen von über 40 Cent werden so mitunter zehntausende Euro pro Jahr verbrannt.Die Lohnhärterei Technotherm in Göppingen wollte sich damit nicht mehr abfinden. Rund 650 Tonnen Stahlteile wie etwa Getriebekomponenten werden hier jeden Monat wärmebehandelt, um dem Metall die vom Kunden gewünschten Eigenschaften zu verleihen. Als Schutzatmosphäre verhindert Endogas in den Öfen eine Oxidation und bringt einen Teil des benötigten Kohlenstoffs in den Prozess ein. Für die fünf Öfen im Werk 2 kamen dazu bisher drei Gasgeneratoren mit je 64m³/h zum Einsatz. Der redundante Aufbau sorgt zwar dafür, dass der Bedarf zu jeder Zeit gedeckt ist, er hat aber auch Nachteile. Weil die Generatoren durchgehend Maximalmengen lieferten, wurde ein Teil davon bei geringerem Bedarf unwirtschaftlich abgefackelt - durchschnittlich etwa 15m³/h. Da dies bei den heutigen Energiepreisen ein entscheidender Kostenpunkt ist, beschloss die Unternehmensleitung 2011, einen ersten Generator mit einem Endoinjector von Avion Europa auszurüsten.

Automatisch reguliertes Gasgemisch

Bei der Anlage handelt es sich um eine vollautomatische Gasmisch- und Regulierungseinheit, die das festgelegte Verhältnis von Luft und Erdgas für die Endogassynthese sicherstellt und die gesamte Gasproduktion gemessen an der tatsächlichen Abnahmemenge durch den Härtereiofen steuert. Die Anlage verfügt dazu über eine sehr sensible Sensorik, die Druckveränderungen sowie dadurch den jeweils aktuellen Gasverbrauch registriert und an die elektronische Regelung des Injectors weiterleitet. Diese Regelung reduziert oder erhöht entsprechend die erzeugte Menge an Endogas, sodass es weder zur Unterversorgung noch zu Überschüssen kommen kann. Zusätzlich übernimmt die Anlage auch die Funktion des Gebläses. Dank eines integrierten Frequenzumrichters kann so bei niedriger Gasproduktion selbst die Motordrehzahl des Ventilators gesenkt werden, um Strom zu sparen. Bedienen lässt sich das System über ein farbiges Touchpad, das zusätzlich alle relevanten Werte grafisch darstellen kann. So hat der Benutzer den Überblick über die aktuellen Parameter. Der Volumenstrom für die Verbrennungsluft kann hier zwischen 2,8 und 390m³/h eingestellt werden, der Druckbereich reicht von 34 bis 500mbar. Insgesamt kann die Gassynthese mit dieser Technik bis auf ein Fünftel des Volumens unter Volllast reduziert werden, bei niedrigeren Werten wird der Generator ganz abgeschaltet. Dabei sorgt die Steuerung des Endoinjectors dafür, dass die Gasproduktion bei Bedarf schnell und ohne langes Anfahren oder Einstellen wieder anläuft. Damit zu jeder Zeit das Mischverhältnis den geforderten Werten entspricht, wurde die Anlage mit einer präzisen Verhältnisregelung ausgestattet. Das System verwendet das Signal der meist vorhandenen Lambda- oder Sauerstoffsonde und regelt den Taupunkt kontinuierlich in einem vordefinierten Bereich. Eine patentierte Einspritzung bringt das Endogas dann in den Ofen ein. Unabhängig von der Mengenregulierung steigt so die Qualität des Schutzgases. Zudem verhindert das Verfahren die Rußbildung sowie Schäden an den Werkstücken durch eine falsche Justierung des Generators. Gleichzeitig kontrolliert ein anderes Messsystem dauerhaft die Temperatur, um auch hier die Einhaltung des konfigurierten Werts sicherzustellen. Weitere Sensoren, darunter ein Luftmassenmesser und ein Gaszähler, erfassen alle wichtigen Parameter und speichern sie digital in einer Fünf-Jahres-Historie ab.

Jede Anlage lässt sich nachrüsten

Die Konstruktion des Endoinjectors ist eigens auf die Nachrüstung bestehender Produktionsstätten ausgelegt: Die Anlage wird dazu zwischen Ofen und Endogasgenerator an die Gasleitung angeschlossen. Für die Auswahl der passenden Leistungsstufe genügt dann die Angabe der vorhandenen Luft- und Gasdrücke sowie der Größe der Ventile.An den bestehenden Generatoren muss nichts verändert werden, stattdessen wird die Bauform des Injectors an die Gegebenheiten angeglichen. So ist ein separat stehendes Gerät ebenso möglich, wie ein Einbau innerhalb des Schaltschranks. Bei Technotherm wurde das System an den Generator angebaut und ersetzt neben dem Motor des Gebläses auch die Durchflussmesser.

Weniger verbrauchen

Die Einsparmöglichkeiten haben sich seit der Inbetriebnahme im April 2012 an dem umgerüsteten Endogasgenerator bereits gezeigt. Gemessen an der durchschnittlichen Produktion spart die Anlage etwa 6m³/h Erdgas, auf ein Jahr hochgerechnet sind das 580MWh. Grund dafür ist die Regulierung der Gasgenerierung je nach Abnahmemenge. Zudem hat sich durch den Umbau das maximal lieferbare Gasvolumen erhöht, sodass der Parallelbetrieb eines zweiten Generators überflüssig ist. Ein weiterer wesentlicher Vorteil war die damit verbundene CO 2-Reduktion. Mit dem eingesparten Erdgas vermeidet Technotherm jährlich rund 102 Tonnen CO 2.Inzwischen hat der Betrieb bereits weitere Generatoren umgerüstet. Wie groß der Bedarf an einer effizienten Alternative zum Abfackeln geworden ist, zeigt auch die gestiegene Nachfrage bei Avion Europa. Technotherm war Anfang 2012 das erste Unternehmen mit dieser Technologie in Deutschland. Bis Februar 2013 sind bundesweit bereits acht weitere Injectoren installiert worden.

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