Die Kreislaufwirtschaft ist heute mehr denn je ein zentrales Thema, da die Menschheit bereits sechs von neun planetarischen Grenzen überschritten hat. Diese Grenzen umfassen Aspekte wie den Klimawandel, den Verlust der biologischen Vielfalt und die Belastung durch neue Stoffe wie Schwermetalle und Chemikalien. Besonders besorgniserregend ist, dass der jährliche Ressourcenverbrauch weiter ansteigt, wie der globale Earth Overshoot Day verdeutlicht. Im Jahr 2024 fiel dieser Tag bereits auf den 1. August, was bedeutet, dass bis dahin mehr Ressourcen verbraucht wurden, als sich in einem Jahr regenerieren können. Zum Vergleich: In den 1970er Jahren lag dieser Tag noch im Dezember. In Ländern wie Österreich und Deutschland ist dieser Tag sogar schon im Frühjahr erreicht. Dies unterstreicht die Dringlichkeit, alternative Wege der Ressourcennutzung zu finden.
Derzeit basiert unser Wirtschaftssystem auf einem linearen Modell: Rohstoffe werden gewonnen, verarbeitet, verbraucht und schließlich entsorgt. Dies ist jedoch nicht nachhaltig, da wertvolle Ressourcen auf Deponien landen. Die Kreislaufwirtschaft hingegen versucht, Materialien und Produkte so lange wie möglich im System zu halten und Abfälle zu minimieren. Sie wird oft als idealer, geschlossener Kreislauf dargestellt, wobei Emissionen, Energieverbrauch und verbleibende Abfälle außer Acht gelassen werden. Dies kann zu einer unrealistischen Wahrnehmung der Kreislaufwirtschaft führen und Verschwendung legitimieren.
Hier einige Grundlagen: Das Butterfly-Diagramm der Ellen MacArthur Foundation unterscheidet zwischen einem biologischen Kreislauf (grün) und einem technologischen Kreislauf (blau). Im biologischen Kreislauf werden kompostierbare Produkte verwendet, die unbedenkliche Stoffe enthalten und daher sicher recycelt werden können. Der technologische Kreislauf ist komplexer und erfordert eine Vielzahl von Strategien, wie zum Beispiel ein Produktdesign, das eine einfache Demontage und Wiederverwertung ermöglicht. Dieser Ansatz bezieht alle Beteiligten ein, einschließlich Politik, Unternehmen und Verbraucher.
Zur Kreislaufwirtschaft gehört eine Vielzahl von Strategien, die je nach Quelle zwischen sechs und zehn Aspekte beleuchten. Dazu gehören „Rethink“, das radikale Umdenken von Geschäftsmodellen und Produktionsprozessen, „Reduce“, die Minimierung des Ressourceneinsatzes durch Effizienzsteigerungen, „Reuse“, die Wiederverwendung von Produkten, „Repair“, die Reparatur beschädigter Produkte, „Refurbish“, die Modernisierung und Aufwertung von Produkten, „Recycle“, die stoffliche Verwertung, und „Recover“, die thermische Verwertung von Abfällen.
Wir haben uns in unserem Innovationslabor auf zwei besonders ressourcenintensive Branchen konzentriert: die Textilindustrie und die Landwirtschaft. In der Textilindustrie fallen in Europa jährlich 7,5 Millionen t Textilabfälle an, von denen nur 1 Prozent recycelt werden. Dies steht im Gegensatz zu den 22 Prozent gesammelten Textilien und zeigt ein erhebliches Verbesserungspotenzial auf. Die Landwirtschaft trägt mit einem Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen erheblich zum Klimawandel bei. Besonders problematisch ist hier die Lebensmittelverschwendung, zu deren Reduzierung die Kreislaufwirtschaft vielversprechende Ansätze bietet.
Für die Textilindustrie wollen wir durch neue Designs und modularen Aufbau von Kleidung die Recyclingfähigkeit verbessern und Überproduktion vermeiden, die derzeit 15 bis 20 Prozent der Produktion ausmacht. Ein Ansatz wäre, Textilien so zu entwerfen, dass sie sich leichter trennen und wiederverwerten lassen. Unternehmen wie Freitag in der Schweiz, die Taschen aus LKW-Planen herstellen, zeigen bereits innovative Wege auf, wie Textilabfälle für neue Anwendungen genutzt werden können. Im Bereich der Landwirtschaft konzentrieren wir uns darauf, den Einsatz von chemischen Pestiziden und synthetischen Düngemitteln zu reduzieren und alternative Methoden zu entwickeln, um die Ertragssicherheit zu gewährleisten. Auch die Politik hat sich dem Problem angenommen. So zielt die Farm-to-Fork-Initiative der EU darauf ab, die nachhaltige Produktion und den nachhaltigen Konsum von Nahrungsmitteln zu fördern und dabei soziale und ökologische Aspekte zu berücksichtigen. Weitere Ideen sind die Verbesserung der Bodenqualität und die Verringerung der Lebensmittelverschwendung durch effizientere Netzwerke zwischen Erzeugern und Verbrauchern.
Unser Innovationslabor will über Branchen- und Ländergrenzen hinweg denken und arbeiten. Wir wollen Synergien finden, zum Beispiel durch die Nutzung von Nebenprodukten einer Branche als Rohstoff für eine andere. Durch Bewusstseinsbildung und Vermeidung von Greenwashing wollen wir einen wesentlichen Beitrag zur Transformation hin zu einer echten Kreislaufwirtschaft leisten. Dabei wollen wir nicht nur bestehende Lösungen verbessern, sondern auch neue, branchenübergreifende Ansätze entwickeln und skalieren.