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Gastkommentar Passiven Bauteilen nicht passiv begegnen

Alexander Gerfer, Leuter R&D und Produktmanagement, Würth Elektronik eiSos

Bild: Würth Elektronik eiSos
06.11.2012

Die Designzyklen der heutigen Elektroniken werden immer stärker vom „Time-to-market“ getrieben. Gleichzeitig schreitet die Integration aktiver Bauteile voran und die Komplexität der Halbleiter wird größer. Die Entwicklungsteams sind extrem gefordert, sich hier in verschiedenste Materien einzuarbeiten. Die Frage ist nur: Wie viel Zeit bleibt hier, um sich mit passiven Bauteilen auseinanderzusetzen? Wie viel praktisches Wissen über passive Bauelemente hat der Ingenieur?

Die Bauteilevielfalt ist immens: Wie viele Widerstandsarten, wie viele Kondensatortypen oder Induktivitätsbauformen kennen Sie? Welche Daten führen zur besten Bauteilauswahl und welche Einflüsse wirken sich negativ auf die Lebensdauer des Bauteiles aus? Sind die spezifizierten Kenndaten mit Sicherheitsreserven versehen, und wenn ja, wie hoch sind diese Reserven? Wie verhält sich das Bauteil in der Schaltung? Wie werden die Bauteile interagieren und die Stabilität der Schaltung beeinflussen mit den angegebenen Toleranzen? Sind die Datenblattangaben schlüssig und relevant für den Einsatzzweck oder wurde gar „Datenblattmarketing“ betrieben? Welche Vor- und Nachteile haben neue Bauformen und Typen gegenüber den altbekannten Bauteilen?
Viele dieser Fragen werden Ihnen als Anwender von Herstellern mit online verfügbaren Applikationsschriften und Anwendungshinweisen beantwortet. Vorausgesetzt, Sie haben die Zeit und Muße, all diese Informationen zusammen zu tragen und dann auszuwerten. Auch Simulationsdaten werden von vielen Herstellern angeboten. Doch wie realistisch wird das Simulationsergebnis ausfallen? Weitere Informationsquellen sind Entwicklerforen. Hier kommt man recht zügig zu kompetenter Hilfe bei Fragen und Problemen. Oder man lädt sich eines der Bauteile-Simulationstools der Hersteller herunter, die meist kostenfrei angebotenen werden. Hier kann man viele Extrainformationen gleich mit einbinden, wie z. B. Vorspannung bei Kondensatoren oder den Gleichstrom zur Vormagnetisierung von Induktivitäten.

Letztendlich denke ich aber, dass Sie als Anwender im Zweifel auf uns, die Hersteller, mit Ihren Fragen zukommen sollten. Je nach Anbieter sind neben Foren, E-Mail- und Telefonhotlines oder gar ein technischer Außendienst für Sie verfügbar. Gerade wenn man an sehr zuverlässige Elektroniken denkt, ist es wichtig, die dafür am besten geeigneten Bauteile zu finden. In der Automobilelektronik wird dieser Ansatz im Bereich Robustness Validation unterstützt.

Ist man sich unsicher über das Verhalten des Bauteiles in der Schaltung, kann der technische Außendienst meist wertvolle Tipps aus ähnlich gearteten Problemstellungen geben oder einfach, weil er das Bauteil besser kennt oder er stellt Ihnen sogar eine Innovation vor, die noch besser zu Ihrer Applikation passt.

Aus Ihren Rückmeldungen und aus den Trends im Markt, immer weiter zu miniaturisieren und aus den immer höheren Arbeitsfrequenzen, wächst auch für den Hersteller von passiven Bauelementen der Druck, weiter zu forschen und innovativ zu sein. Noch mehr Funktionen zu integrieren. Wir dürfen gespannt sein, wie lange es noch eine strikte Trennung zwischen passiven und aktiven Bauelementen geben wird. Die Grenzen verschwinden zusehends.

Sie sehen also: Wir beschäftigen uns mit passiven Bauelementen, ganz aktiv!

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