Deutschlands Energiepolitik steht vor einem grundlegenden Wandel. Das Bundeswirtschaftsministerium ändert die Förderung von erneuerbaren Energien (EE) und will von 2017 an Wind- und Solarparks per Ausschreibung vergeben. Die Bundesregierung plant, die Ökostromförderung zu 80 Prozent per Auktion zu vergeben. Die festen Fördersätze für erneuerbare Energien sollen fast vollständig abgeschafft werden. Das geht aus einem Eckpunktepapier des Bundeswirtschaftsministeriums für das kommende Erneuerbare-Energien-Gesetz hervor, das vergangene Woche an die Fraktionen von CDU und SPD gesandt wurde. Erbauer neuer Windparks sowie von Photovoltaikanlagen müssten demnach ab 2017 in Auktionen gegeneinander antreten.
Das Prinzip der Ausschreibungen: Die Erbauer der Ökostrom-Anlagen sollen angeben, wie viel Förderung sie benötigen, um ihre Wind- und Solarparks wirtschaftlich zu betreiben. Wer am wenigsten benötigt, erhält den Zuschlag. Das Ausschreibungsvolumen für Windräder an Land soll dem Eckpunktepapier zufolge gut 2,9 Gigawatt pro Jahr betragen, das Ausschreibungsvolumen für Solaranlagen soll bei 500 Megawatt liegen.
Die Ausschreibungen für Wind auf See sind aufgrund der Größe der Parks nicht klar definiert. Sie sollen sich an den Zielen der Regierung zum Ausbau dieser Technologie orientieren. Bis 2020 sollen Offshore-Windparks mit einer Leistung von 6,5 Gigawatt am Netz sein, bis 2030 sollen es 15 Gigawatt sein. Neu hinzugekommen ist in dem Eckpunktepapier ein Zwischenziel von höchstens elf Gigawatt im Jahr 2025.
Mit der geplanten Regelung will die Regierung den Kostenanstieg für den Ausbau der erneuerbaren Energien begrenzen, der derzeit von den Stromkunden mit mehr als 20 Milliarden Euro subventioniert wird.
Der Bundesverband Wind-Energie (BWE) reagierte prompt: „Wir sehen Ausschreibungen nach wie vor als ungeeignet an, um die Energiewende voranzubringen und die Klimaschutzziele Deutschlands zu erreichen", sagt Verbandspräsident Hermann Albers. Trotzdem habe sich die Branche der Debatte gestellt und arbeite an den gesetzlichen Regelungen mit. Ziel sei, den vom Bund gewollten Systemwechsel hin zu Ausschreibungen derart zu gestalten, dass Bürgerenergieprojekte und Mittelstand auch künftig die Energiewende mitgestalten könnten. „Die jetzt vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegten neuen Eckpunkte sind ein Hoffnungsschimmer. Wichtige Anregungen der Branche sind aufgenommen und sollen offenbar berücksichtigt werden. Dazu zählen die Voraussetzung zur Teilnahme an Ausschreibungen, die Höhe der zu hinterlegenden Sicherheit oder das künftig einstufige Referenzertragsmodell. An drei zentralen Punkten besteht allerdings weiter erheblicher Diskussionsbedarf“, moniert Albers.
So sei das Ausschreibungsvolumen deutlich zu niedrig. Es werde nicht dazu beitragen, die Energiewende in die wichtigen Sektoren Mobilität und Wärme zu tragen. Hier gebe es noch deutliches Potenzial, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Zudem werde eine bessere Durchdringung der Sektoren Strom, Mobilität, Wärme auch dazu beitragen, den Transformationsprozess der Energiewirtschaft insgesamt besser zu gestalten. Der BWE fordert ein jährliches Ausschreibungsvolumen von 4400 MW und Regelungen, die den barrierefreien Zugang in die Sektoren Mobilität und Wärme für preiswerten Windstrom erleichtern. Ein hohes Ausschreibungsvolumen werde auch benötigt, um die Technologieführerschaft der deutschen Windindustrie in internationalen Märkten zu sichern.
Ein weiterer Kritikpunkt: Die Formel zur Berechnung der Ausschreibungsmenge bei Windenergie an Land erwecke den Eindruck, dass die einzelnen EE-Technologien gegeneinander in Konkurrenz treten sollen. Bisher sei die Idee der Energiewende immer ein gemeinsamer Umbau der Energieversorgung mit allen Technologien gewesen. Die Bundesregierung müsse erklären, wieso sie die preiswerte Windenergie an Land ausbremsen wolle und gleichzeitig die Kosteneffizienz beim weiteren EE-Ausbau abzusichern gedenke.
Ausschreibungen sollten für eine wettbewerblich ermittelte Förderung der erneuerbaren Energien sorgen. Dass das Bundeswirtschaftsministerium den Wettbewerb aber beschneiden wolle, so der Bundesverband Wind-Energie, indem für Gebote ein Höchstwert festgelegt werde, der zudem kontinuierlich abgesenkt werden soll, sei „systemfremd“. Wenn sich die Bundesregierung sorge, dass unter Ausschreibungen höhere Preise drohten, solle sie den Systemwechsel unterlassen. „Wir werden auf allen Ebenen noch einmal engagiert für ein Ausschreibungsdesign werben, welches die Akteursvielfalt erhält, die Erreichung der Klimaschutzziele tatsächlich gewährleistet und die starke internationale Position der deutschen Windindustrie in den wachsenden Weltmärkten nicht beschneidet“, kündigte Albers an.