Künstliche Intelligenz und Industrie 4.0 Niedriger Ausschuss, geringere Kosten

Nach Big Data ist Künstliche Intelligenz der nächste Meilenstein auf dem Weg zu Industrie 4.0. Die Prozessindustrie wird mit technischen Lösungen dieser Art noch wettbewerbsfähiger, die Ausgaben für eine KI-Lösung amortisieren sich aufgrund der verbesserten Prozessabläufe bereits nach kurzer Zeit.

Bild: iStock, koya79
06.04.2018

Der Begriff Industrie 4.0 ist in der Prozessindustrie längst keine Besonderheit mehr. Schließlich ist technologischer Fortschritt entscheidend, wenn ein Unternehmen seine Wettbewerbsfähigkeit steigern will. Nun findet auch Künstliche Intelligenz Einzug in die Branche und bringt viele Vorteile. Sie hilft mittels Prozesssteuerung den Produktionsausschuss zu minimieren und somit Geld zu sparen.

Es liegt nicht allzu lange Zeit zurück, da waren Begriffe wie Big Data und Analytics stets präsent, wenn es um Industrie 4.0 ging. Das Sammeln unzähliger Informationen aus dem Produktionsumfeld, wie Sensordaten oder Wartungsintervalle, lässt Rückschlüsse auf Zusammenhänge ziehen, die vorher noch nicht erkennbar waren. Dafür muss ein Data Scientist die unzähligen gesammelten Daten filtern, seine Annahmen ableiten und diese dann als Handlungsempfehlungen aufbereiten und gegebenenfalls dem Management präsentieren. Erst dann fällt eine Entscheidung, wie weiter zu verfahren ist.

Inzwischen sind einige IT-Lösungsanbieter schon einen großen Schritt weiter vorangeschritten und nutzen im Rahmen von Industrie 4.0 Künstliche Intelligenz (KI). Dr. Sebastian Klenk ist Gründer und Geschäftsführer von 5Analytics, einem Unternehmen, das Künstliche Intelligenz in Geschäftsprozesse integriert. Er erklärt: „Mit Künstlicher Intelligenz eröffnen sich für die Prozessindustrie neue Möglichkeiten. Denn die Künstliche-Intelligenz-Software nutzt ihre Analyseergebnisse, um entweder selbst automatisierte Prozesse anzustoßen oder sie gibt klare Handlungsempfehlungen oder -anweisungen an die Mitarbeiter weiter.“

Hier ist es also nicht mehr erforderlich, dass ein Data Scientist eigene Annahmen präsentiert – die Künstliche Intelligenz übernimmt dies für ihn. Dies ist insbesondere dann bedeutend, wenn Daten aufgrund ihrer Massen von einem Menschen nicht mehr interpretiert werden können.

Active Process Control optimiert 
die Produktion

Ein konkreter Anwendungsfall von KI in der Prozessindustrie ist Active Process Control (aktive Prozesssteuerung). Dabei geht es um die Optimierung der Verarbeitungs- und Produktionsprozesse, um den Ausschuss zu minimieren. Im Produktionsablauf werden von der Künstlichen Intelligenz auf Basis von Maschinen- und Beobachtungsdaten unproduktive Einflussfaktoren ermittelt und im direkten Anschluss optimale Prozesswerte bestimmt.

Die Bewertung des Prozessablaufs erfolgt dabei in Echtzeit. Die KI-Plattform gibt zudem klare Handlungsanweisungen an die Mitarbeiter weiter oder übernimmt, ebenfalls in Echtzeit, autonom Anpassungen zur Optimierung der Produktionskette.

Stoppt beispielsweise eine Maschine wegen eines Fehlers, so werden auch die anderen automatisch angehalten oder verlangsamt. Rückstau wird so vermieden. „Einzelteile können so auf Anhieb fehlerfrei hergestellt werden. Kapazitäten für Ausbesserungsarbeiten oder neuerliche Herstellung werden eingespart – schließlich ist das Nacharbeiten eine Verschwendung von Produktionskapazitäten und soll vermieden werden“, erläutert Dr. Klenk. Die daraus resultierenden Vorteile liegen auf der Hand: Das Senken der Fehlproduktion auf einen Minimalwert erhöht sowohl die Qualität als auch die Wirtschaftlichkeit in der Prozessindustrie.

Implementierung erfolgt in 
zwei Phasen

Um eine Active-Process-Control-Lösung aufzusetzen, müssen zunächst eine Trainings- und dann eine Anwendungsphase durchlaufen werden. Alle notwendigen Schritte unternimmt der KI-Anbieter gemeinsam mit dem Unternehmen, das Nutzen aus der Künstlichen Intelligenz ziehen will. In der Trainingsphase lernt die KI-Software aus bestehenden Maschinendatensätzen typische Zusammenhänge. Diese Datensätze sind meist sehr groß und beinhalten sämtliche historische Daten. Um sie überhaupt verwenden zu können, müssen die unterschiedlichen Werte zusammengefasst, geglättet, fehlende Werte ergänzt und weitere Informationen hinzugefügt werden.

Im folgenden Training werden die Daten dann mit speziellen Algorithmen hunderte bis tausende Male analysiert und für Berechnungen herangezogen. Dies ist als Training für den tatsächlichen Anwendungsfall zu verstehen. Die weiteren Schritte erklärt Dr. Klenk so: „Nach dem Training werden die Arbeitsergebnisse in unsere 5Analytics-KI-Plattform geladen. Das erzeugte Active-Process-Control-Modell steht dort für die Nutzung in bestehenden Prozessen bereit. Damit ist sichergestellt, dass die Künstliche Intelligenz den Anforderungen der Unternehmensumgebung gerecht wird.“

In der Anwendungsphase stehen die einzelnen Datensätze im Vordergrund. Entsprechend der gelernten Zusammenhänge aus der Trainingsphase werden sie bewertet oder kategorisiert. Das Gelernte wird also auf aktuelle Daten angewendet. Für diese Phase sind die Rahmenbedingungen im Unternehmen wichtig. Für die Active-Process-Control-Lösung muss die Künstliche Intelligenz auf Daten von allen Maschinen in der Produktionskette zugreifen können. Dies bedeutet, dass die KI-Lösung in der Lage sein muss, alle eingehenden Daten auf einmal zu verarbeiten. Nur so können die Prozessoptimierungen tatsächlich in Echtzeit durchgeführt werden.

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