Beim sogenannten Contracting nutzt ein Unternehmen das Know-how und die Kapazitäten eines spezialisierten Energiedienstleisters für die Optimierung seiner Energie- und Medienversorgung. Das Ziel: ein kundenindividuelles, nachhaltiges und zukunftsfähiges Konzept, um Kosten, Verbräuche und CO2-Emissionen zu reduzieren.
Der Energiedienstleister begleitet das Unternehmen von Anfang an, erstellt ein passendes Konzept, plant eine mögliche Umsetzung im Detail und übernimmt im weiteren Verlauf die Fördermittelakquise und Finanzierung des Vorhabens. Das Augenmerk liegt immer auf maximaler wirtschaftlicher Effizienz über die gesamte Vertragslaufzeit. Der Contractor erreicht dabei oft eine höhere Effizienz als das Unternehmen dies selbst könnte, weil er sich exakt darauf spezialisiert hat. Dies gilt umso mehr, wenn das gesamte Versorgungssystem des Unternehmens betrachtet wird. Denn das eröffnet Möglichkeiten der Sektoren- und Marktkopplung, die nochmals zur Effizienzsteigerung beitragen. Deshalb empfiehlt es sich, bei der Wahl des Energiedienstleisters darauf zu achten, dass dieser das gesamte Lösungsspektrum abdeckt.
Contracting-Modelle von der Energielieferung bis zum Klimaschutzkonzept
Es gibt zahlreiche Contracting-Arten und Modelle, sie reichen von der Lieferung einzelner Medien (Strom, Wärme oder Kälte, Dampf oder Luft in Form von Druckluft beziehungsweise Lüftung/Klimatisierung) bis hin zur kompletten Versorgung eines Standortes mit allen dort benötigten Medien. Hier sind auch komplexe und prozessnahe Anwendungsfälle bei erfahrenen Energiedienstleistern kein Hindernis.
So hat beispielsweise MVV für den Kakaobohnenverarbeiter Olam Food Ingredients (ofi) am Standort Mannheim eine auf dem deutschen Markt einzigartige Biomasse-Kesselanlage umgesetzt. Mit dieser gewinnt ofi 90 Prozent seines Prozessdampfes aus der thermischen Verwertung von Kakoschalen. MVV ist als Contractor für die Planung, Umsetzung und Finanzierung der Prozessdampfanlage verantwortlich. Zudem übernimmt sie die Betriebsführung für 16 Jahre inklusive Brennstoffmanagement, Genehmigungen, regelmäßige Prüfungen und Wartung. Während der gesamten Zeit kann sich ofi ganz auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Zwei Contracting-Modelle sind am weitesten verbreitet:
Das Energieliefercontracting
Im Rahmen eines Energieliefercontractings übernimmt der Contractor die Verantwortung als Betreiber und Eigentümer der Energieanlage. Er gewährleistet somit eine effiziente und sichere Versorgung eines Unternehmens mit Wärme, Kälte, Druckluft, Strom oder anderen Energieträgern oder Medien. In der Regel bedeutet das, dass der Contractor eine neue Versorgungsanlage errichtet, die effizienter arbeitet, keine oder weniger fossile Energieträger benötigt beziehungsweise regenerative Energie erzeugt (zum Beispiel eine PV-Anlage, Biomassekessel). Bestehende Systeme werden dabei manchmal in die neue Anlage integriert. Das gewährleistet Versorgungssicherheit.
Neben der ganzheitlichen Konzeption der Anlage gehören die Finanzierung und die Errichtung der notwendigen Assets inklusive Peripherie zu den Aufgaben des Contractors. Zudem kümmert er sich um das Fördermittelmanagement. Von den Fördergeldern profitiert auch das Unternehmen.
Über den Zeitraum von üblicherweise acht bis 15 Jahren erhält der Contracting-Nehmer die Nutzenergie, die mit der Anlage erzeugt wird. Für den effizienten Betrieb und die Instandhaltung der Energieanlage sowie für den Bezug und Einsatz der benötigten Energiemenge ist in der Regel der Contractor verantwortlich.
Hierfür erhebt er eine Contracting-Rate. Sie setzt sich meist aus einem Grundpreis für die Anlagenbereitstellung, einem Arbeitspreis für die Nutzenergie-Lieferung und einem Verrechnungspreis für die betriebsbedingten Dienstleistungen zusammen.
Pacht- und Betriebsführungscontracting
Beim Pacht- und Betriebsführungscontracting konzeptioniert und errichtet der Contractor eine Energieversorgungsanlage. Diese bleibt im Besitz des Contractors und wird an das Unternehmen verpachtet. Dieses Modell ist üblich bei Eigenerzeugungsanlagen wie Blockheizkraftwerken (BHKW), PV-Anlagen oder strombetriebenen Versorgungsanlagen, etwa für Kälte oder Druckluft.
Das Unternehmen ist formal der Betreiber der Anlage – mit allen Rechten und Pflichten. Das bedeutet, es ist für den sicheren Betrieb, das Einholen von Genehmigungen und Betriebserlaubnissen sowie die Einhaltung von Bestimmungen und Auflagen verantwortlich. In der Regel erfüllen Unternehmen diese Aufgaben jedoch nicht selbst, sondern beauftragen den Contractor mit der langjährigen Betriebsführung.
Nach Ablauf der Pachtzeit wird die Anlage entweder zurückgebaut oder sie geht unter Berücksichtigung einer vertraglich geregelten Endschaftsklausel an das Unternehmen über.
Unterformen des Contractings
Neben den genannten Varianten, bei welchen der Energiedienstleister als Contractor umfassende Verantwortungen übernimmt, kommt es auch vor, dass der Contractor nur einzelne Bausteine verantwortet. Das kann zum Beispiel der Betrieb einer vorhandenen Anlage sein, die jedoch im Besitz des Unternehmens bleibt. Die Aufgabe des Contractors besteht in diesem Fall darin, die Abläufe in der Energieerzeugung, -umwandlung und -verwendung zu verbessern, um den Energieverbrauch und damit die Energiekosten zu senken. Im Gegenzug erhält der Contractor eine Betreiberpauschale. Oder der Contractor kümmert sich um die Konzeption und Errichtung sowie Finanzierung einer Energieerzeugungsanlage, sämtliche Betreiber- und Betriebsführungsaufgaben verbleiben jedoch beim Unternehmen.
Fazit
Gerade jetzt, wo vor allem energieintensive Unternehmen sich mehr denn je mit dem Thema Energie beschäftigen müssen und immer mehr Stakeholder auf nachhaltige Lösungen drängen, kann Contracting ein einfacher Weg sein, um personelle, zeitliche und finanzielle Ressourcen zu schonen, von der Expertise eines Spezialisten zu profitieren und effizientere, klimafreundlichere Lösungen zu nutzen.