Meeresenergie: Unerschöpfliche Energiequelle für die Zukunft Wenn die Welle Strom bringt

Strom aus dem Meer könnte in Zukunft einen stabilen Beitrag zur erneuerbaren Energieversorgung leisten. Erste Technologien zur Nutzung von Wellenkraft, Gezeitenströmungen und thermischen Gradienten sind entwickelt, doch hohe technische Anforderungen, regulatorische Hürden und Umweltfragen verzögern die Industrialisierung.

Bild: Bachmann electronic, CorPower Ocean, CalWave; iStock, Philip Thurston
29.04.2025

Das Meer ist ein gigantischer Energiespeicher: Geschätzt rund 80.000 TWh pro Jahr stellen ein unglaubliches Potenzial zur Diversifizierung der erneuerbaren Energiequellen und zur Reduktion der CO2-Emissionen dar. Den derzeit größten erreichbaren Anteil rechnet man der Nutzung der Wellenenergie zu. Die Herausforderungen sind jedoch nicht zu unterschätzen.

Das Reizvolle an maritimer Energie ist, dass sie fast unerschöpflich ist und im Gegensatz zur volatilen Wind- und Solarenergie permanent zur Verfügung steht. Die Nutzung steht zwar noch ganz am Anfang, aber die Energie aus dem Meer könnte einst einen wesentlichen Beitrag zu einem stabilen, verlässlichen Stromnetz basierend auf erneuerbaren Energien leisten.

Unterschiedliche Technologien und Prinzipien

Erforscht werden derzeit vor allem vier verschiedene Systemkonzepte: In Regionen mit markanten Meeresströmungen oder ausgeprägten Tiden wie beispielsweise an den Küsten Großbritanniens, Kanadas und Frankreichs will man die kinetische Energie der Gezeitenströme durch Unterwasserturbinen in Strom umwandeln.

Osmosekraftwerke (Salzgradientenkraftwerke) machen sich den Unterschied im Salzgehalt zwischen Süßwasser und Meerwasser zu Nutze. Man baut sie beispielsweise dort, wo Flüsse ins Meer münden, und nutzt die Hydrationsenergie der Salzionen. Diese Energieform ist auch als „Blaues Gold“ bekannt.

In tropischen Regionen drängen sich Wärmekraftwerke auf, denen der Temperaturunterschied zwischen warmem Oberflächenwasser und kaltem Tiefenwasser zur Stromerzeugung dient (englisch: Ocean Thermal Energy Conversion, OTEC). Für diese Systeme, im Kern funktional vergleichbar mit einer Wärmepumpe, schätzt eine Studie der IRENA (International Renewable Energy Agency) aus dem Jahr 2020 das globales Energiepotenzial auf 44.000 TWh per anno. Um solche Anlagen jedoch wirtschaftlich betreiben zu können, sind noch erhebliche technische Fortschritte erforderlich.

Greifbarer scheint das Potenzial der Wellenenergie: Auf 29.500 TWh pro Jahr wird deren weltweite theoretische Kapazität geschätzt, was etwa dem derzeitigen globalen Stromverbrauch entspricht.

Vielversprechende Technologien

Vor allem fünf Prinzipien machen derzeit von sich reden, um Wellenenergie zu nutzen: „Punktabsorber“ sind schwimmende Geräte, welche die vertikalen Bewegungen der Wellen verwerten, um Strom zu erzeugen. Bei den „pneumatischen Kammern“ (Oscillating Water Columns, OWC) wird die Luft über einer Wassersäule durch die Wellenbewegung komprimiert und dekomprimiert, was eine Turbine antreibt. „Attenuators“ sind langgestreckte, in der Wellenrichtung liegende Geräte, welche die Hebe- und Senkbewegungen der Wellen nutzen. Beim Prinzip der „überspülenden Wellen“ (Overtopping Devices) hingegen wird Wasser über eine Rampe in ein Reservoir geleitet und der Höhenunterschied zur Stromerzeugung genutzt, ähnlich wie bei kleinen Wasserkraftwerken. Unternehmen wie CalWave in Kalifornien setzen erfolgreich auf das Prinzip der „oszillierenden Dämpfungsglieder“ und ernten mit absenkbaren Metallplattformen die Energie der Wellenbewegung unter Wasser.

Große Herausforderungen

Noch sind bei den Wellenenergiesystemen zahlreiche Herausforderungen zu lösen. An einigen wenigen, weltweit verteilten Versuchszentren werden solche Anlagen getestet und weiterentwickelt. Neben den Fragen zu Kosten und Wirtschaftlichkeit muss dabei auch die Problematik der Netzintegration gelöst werden. Ebenfalls ist der Einfluss dieser Anlagen auf die Meeresökosysteme zu klären, der noch nicht vollständig erforscht ist. Mögliche negative Effekte gilt es zu minimieren und nachhaltige Lösungen zu entwickeln.

Zudem müssen derzeit in vielen Ländern äußerst komplexe Genehmigungsverfahren durchlaufen und umfangreiche regulatorische Rahmenbedingungen erfüllt werden. Diese Umstände haben den Ausbau verlangsamt und die Euphorie der vergangenen Jahre gebremst. Viele der an diesem spannenden Thema involvierten Firmen überlebten dies nicht.

Extreme Umweltbedingungen

Wellenenergiesysteme müssen rauen Umweltbedingungen wie Stürmen und Korrosion durch Salzwasser standhalten. Temperaturschwankungen, Schock und Vibration belasten die Komponenten. Die erschwerte Erreichbarkeit erfordert eine hohe Betriebssicherheit und Langlebigkeit der Anlagen.

Die Entwicklung robuster und wartungsarmer Materialien und Konstruktionen ist daher essenziell. Renommierte Forschungspartner in Kalifornien oder Australien greifen für die Steuerung ihrer Anlagen auf Bachmann electronic zurück. Die Entwickler schätzen vor allem die Vielseitigkeit und den robusten Aufbau der Komponenten und die Offenheit der Steuerungs- und I/O-Systeme M200 und M100. Ein unschätzbarer Vorteil für die Forscher ist zudem, dass sie mit M-Target for Simulink ihre Software-Applikationen direkt aus Simulink heraus generieren und unmittelbar während des laufenden Testbetriebs auf die Steuerung portieren können.

Industrialisierung braucht Rahmenbedingungen

Die Nutzung von Wellenenergie befindet sich auf einem vielversprechenden Weg, erfordert jedoch weiterhin erhebliche Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen. Ohne klaren politischen Rahmen und Unterstützung kann eine solch aufwändige Technik nicht zur Serienreife gebracht werden.

Einige Inselstaaten wie die Faröer, Orkney oder Tahiti haben dazu bereits ihre Ziele abgesteckt: Sie wollen sich bereits ab 2030 zur Gänze mit erneuerbarem Ozean-Strom versorgen und so die teuren Importe von fossilen Brennstoffen per Schiff stoppen.

Durch die Überwindung technischer, wirtschaftlicher und regulatorischer Hürden könnte Wellenenergie in Zukunft einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung leisten und helfen, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren. Die Zusammenarbeit von Wissenschaft, Industrie und Politik ist dabei entscheidend, um die vorhandenen Potenziale vollständig auszuschöpfen.

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  • Die schwedische CorPower Ocean setzt in ihrer „Wellenfarm“ auf Punktabsorber, um die Wellenenergie zu ernten.

    Die schwedische CorPower Ocean setzt in ihrer „Wellenfarm“ auf Punktabsorber, um die Wellenenergie zu ernten.

  • Eine Studie der International Renewable Energy Agency (IRENA) schätzt das globale Potenzial der Meeresenergie auf rund 80.000 TWh pro Jahr. Allein das Potenzial der Wellenenergie könnte den weltweiten Strombedarf decken.

    Eine Studie der International Renewable Energy Agency (IRENA) schätzt das globale Potenzial der Meeresenergie auf rund 80.000 TWh pro Jahr. Allein das Potenzial der Wellenenergie könnte den weltweiten Strombedarf decken.

    Bild: Bachmann electronic

  • CalWave betreibt sein xWave-System vollständig unter Wasser und entgeht damit potenziell schädigenden Wellen. Darüber hinaus besitzt der Wellenergiekonverter ein Lastmanagement, das xWave senken oder anheben und so die Wellenenergie in der idealen Tiefe nutzen kann.

    CalWave betreibt sein xWave-System vollständig unter Wasser und entgeht damit potenziell schädigenden Wellen. Darüber hinaus besitzt der Wellenergiekonverter ein Lastmanagement, das xWave senken oder anheben und so die Wellenenergie in der idealen Tiefe nutzen kann.

    Bild: CalWave

  • Ein echt großes Ding: Der C4 von CorPower Ocean hat einen Durchmesser von 8 m, eine Höhe von 40 m und ein Gewicht von 70 t. Damit übersteht der Wellenenergiekonverter auch extreme Sturmwellen.

    Ein echt großes Ding: Der C4 von CorPower Ocean hat einen Durchmesser von 8 m, eine Höhe von 40 m und ein Gewicht von 70 t. Damit übersteht der Wellenenergiekonverter auch extreme Sturmwellen.

    Bild: CorPower Ocean

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