Wasserstoff lokal und dezentral herstellen Grüner Wasserstoff aus Deutschland – eine unterschätzte Ressource

Grüner Wasserstoff wird zur tragenden Säule der Energiewende. Projekte in Industrie, Infrastruktur und Brandschutz zeigen, wie H2 dezentral produziert und flexibel eingesetzt werden kann – vom Straßenbau bis zur Gigawatt-Elektrolyse.

Bild: GP Joule; iStock, Petmal
29.04.2025

Ohne grünen Wasserstoff ist die Energiewende vor allem in der Industrie undenkbar. Um an den klimaschonenden Energieträger zu gelangen, wird häufig auf Importe gesetzt. Aber: Grünen Wasserstoff hierzulande dezentral herzustellen, kann sowohl für die Großindustrie als auch für den Mittelstand die beste und günstigste Lösung sein.

Die Experten sind sich einig: Ohne grünen Wasserstoff wird die Energiewende nicht gelingen. Der Brennstoff der Zukunft ist eine entscheidende Säule bei der Umstellung im Energiemix. Derzeit wird intensiv an den Stellschrauben gedreht, um grünen Wasserstoff im industriellen Ausmaß wirtschaftlich herzustellen und effizient zu speichern. Denn mit aus erneuerbaren Energien und Wasser hergestelltem H2 (Wasserstoff) lassen sich klimaneutral Grundstoffe und Waren produzieren – es geht um nicht weniger als die Basis für eine CO2-neutrale Industrie.

In Deutschland dreht sich die Diskussion um die Zukunft von Wasserstoff häufig um die Frage, wie man auch hier Wasserstoff günstig und im großen Stil herstellen oder importieren kann. Nicht selten wird dabei darauf verwiesen, dass die Bedingungen in Deutschland ungünstig zur Herstellung von Wasserstoff seien und wie hoch die Kosten bei Importen sind. Henning Uck, der bei GP Joule als strategischer Manager für gleich mehrere Projekte mit Wasserstoff zuständig ist, rät zu mehr Mut: Die gängige Erzählung, dass man Wasserstoff nicht in Deutschland herstellen könne und teuer auf Ammoniakbasis aus dem Ausland importieren müsse, ist seiner Ansicht nach falsch: „Wir können hier viel grünen Wasserstoff herstellen – über dezentrale Produktion kann man einen durchaus relevanten Masseneffekt erreichen.

Der Marktanteil wird in Zukunft größer sein, als man das heute diskutiert“, sagt Uck. GP Joule kann mit seinen Elektrolyseuren bereits heute lokal und dezentral hergestellten grünen Wasserstoff aus Nordfriesland und Bremerhaven, in naher Zukunft auch aus Kiel und Waiblingen liefern. Dabei wird Strom aus erneuerbaren Energien wie Windkraft oder Solarenergie zur Herstellung genutzt. GP Joule kann den klimafreundlichen Grundstoff über patentierte Trailerlösungen flexibel und sicher verteilen und so Tankstellen, Fuhrparks und mittelständische Betriebe schnell beliefern.

Wasserstoff im Straßenbau

Zusammen mit der Firma Benninghoven bietet GP Joule innovative Technologien für klimafreundlichen Straßenbau an. Die größte CO2-Quelle beim Straßenbau ist die Asphaltherstellung, bei der bisher fossile Rohstoffe verbrannt werden. Dank eines von Benninghoven entwickelten Wasserstoffbrenners geht das nun auch zu 100 Prozent auf Basis von grünem Wasserstoff. GP Joule hilft Anlagenbetreibern bei der Projektrealisierung und liefert im Betrieb den Wasserstoff. Zusammen bieten die Firmen von der Konzeptionierung bis zum konkreten Vor-Ort-Betrieb ein „Rundum-sorglos-Paket“ an – von der ersten Vor-Ort-Begehung über die Machbarkeitsprüfung, die Beantragung von Fördermitteln bis zur Belieferung. Allein bei der Herstellung des Straßenbelags lässt sich mit einer Umstellung von fossilen Brennstoffen auf grünen Wasserstoff bis zu 40 Prozent der anfallenden CO2-Emissionen beim Straßenbau einsparen.

Für den großflächigen Ausbau braucht es allerdings noch mehr staatliche Anreize, wie GP Joule-Projektentwickler Patrick Horst sagt: „Es fehlen ausreichende staatliche Mechanismen, wie etwa die Berücksichtigung und Begünstigung von CO2-armen Herstellungsmethoden von Asphalt bei Ausschreibungen im Straßenbau.“ So kann man die Mehrkosten beim Einsatz von grünem Wasserstoff kompensieren, sagt Horst. Aber auch etwaige politische Hängepartien bei der Energiewende hat man beim Projekt berücksichtigt: So ist die für die Asphaltmischung von Benninghoven entwickelte Technik ein Multi-Fuel-Brenner, der mit vier verschiedenen Brennstoffen betrieben werden kann. Betriebssicherheit ist also auch unabhängig von der Wasserstoffverfügbarkeit gewährleistet.

Brandschutz mit Brennstoffzelle

Wie clever Wasserstofflösungen dabei auch für den deutschen Mittelstand sein können, zeigt ein GP Joule-Pilotprojekt in Wöhrden, Schleswig-Holstein. Dort in der dithmarscher Bio-Frosterei Westhof-Bio arbeitet GP Joule zusammen mit der Firma Hy.Air an einem Brandschutzkonzept auf Wasserstoffbasis. Das mag auf den ersten Blick vor allem diejenigen verwundern, die sich noch an das klassische Knallgas-Experiment aus dem Chemie-Unterricht erinnern: Hält man ein Feuerzeug an einen mit Wasserstoff gefüllten Luftballon, explodiert dieser augenblicklich und zeigt lautstark, wie viel Energie in Wasserstoff steckt. In Verbindung mit Brandschutz klingt das zunächst einmal abwegig. „Der Kniff ist um die Ecke gedacht“, sagt Uck. Eine Brennstoffzelle macht aus Wasserstoff und Sauerstoff aus der Luft wieder Wasser. Der größte Output dabei ist Strom.

Für den Brandschutz aber kann man sich das Abfallprodukt zu eigen machen, erklärt Uck: die nun sauerstoffarme Abluft, die normalerweise einfach entweicht. Hy.Air hat ein System entwickelt, das die Abluft, um etwa in Lagerhäusern mit Tiefkühlung eine sauerstoffarme Schutzatmosphäre herzustellen. In so geschützten Tiefkühllagern liegt der Sauerstoffgehalt bei unter 17 Prozent. „Man kann dort ganz normal atmen, aber eben kein Feuerzeug anzünden“, sagt Uck, „das ist eine smarte Lösung für Lagerlogistik – und eine Brandschutzlösung, die auch noch der Stromrechnung zugutekommt.“ Denn dass gleichzeitig in der Brennstoffzelle eine klimaneutrale Strom- und Wärmeerzeugung stattfindet, entlastet wiederum die Betriebskosten und schont die Umwelt.

Von außen sieht die 80-kW-Anlage wie ein 20-Fuß-Container aus. Sie arbeitet autark und lässt sich per Plug-and-Play installieren. Den notwendigen Wasserstoff für das Brandschutzsystem liefert eFarm, ein von GP Joule initiiertes Projekt, in dem bereits heute an der windigen Nordseeküste der überschüssige Windstrom in die Herstellung von grünem Wasserstoff fließt. Uck sagt: „GP Joule ist stolz darauf, dass wir das Pilotprojekt in Dithmarschen rasch beliefern konnten.“

Gigawatt in Lubmin

In noch deutlich größerem Stil geht es demnächst in Lubmin, Mecklenburg-Vorpommern, voran. Hier fiel im September 2024 der Entschluss für ein Wasserstoff-Großprojekt. Auf dem Gelände des ehemaligen Kernkraftwerks Greifswald sollen jährlich mit einer Kapazität von 1 GW Gesamtleistung rund 100.000 Tonnen grüner Wasserstoff erzeugt werden. Die an der Ostsee entstehende Großelektrolyseanlage würde damit mehr grünen H2 produzieren, als, Stand jetzt, insgesamt in Deutschland hergestellt wird. GP Joule bringt seine langjährige Erfahrung als Projektierer beim Großprojekt von PtX Development und dem Investor KGAL ein – im ersten Bauabschnitt sollen bereits 210 MW Leistung realisiert werden.

Die Region Lubmin könnte damit zum Dreh- und Angelpunkt der grünen Wasserstoffwirtschaft in Deutschland werden und den wachsenden Bedarf der Industrie befriedigen. Ove Petersen, CEO und Mitgründer von GP Joule, sagt zum Großprojekt: „Wir haben in Europa die Flächen und die Technologien, um hier genug grüne Energie zu gewinnen. Bei der Integration dieser Energie ins Energiesystem mit Zukunft spielt die Erzeugung von Wasserstoff vor Ort eine entscheidende Rolle. Durch sie können enorme Mengen erneuerbaren Stroms abgenommen, umgewandelt und zeitunabhängig nutzbar gemacht werden. In Lubmin zeigen wir gemeinsam mit KGAL und PtX Development, wie es geht.“

Die Standortbedingungen in Lubmin sind ideal: Offshore-Windparks auf der Ostsee liefern Zugang zu grüner Energie und direkt nebenan befindet sich der Ausgangspunkt für das geplante deutsche Wasserstoffkernnetz. Die Kapazität des Gesamtnetzes von 9.700 km übersteigt sogar noch die Wasserstoffmengen, die in Lubmin hergestellt werden können. Es ist also noch Luft nach oben.

Bildergalerie

  • Wie clever Wasserstofflösungen für den deutschen Mittelstand sein können, zeigt das GP JOULE-Pilotprojekt in Wöhrden, Schleswig-Holstein.

    Wie clever Wasserstofflösungen für den deutschen Mittelstand sein können, zeigt das GP JOULE-Pilotprojekt in Wöhrden, Schleswig-Holstein.

    Bild: GP Joule

  • Blick nach vorn: Diese Visualisierung zeigt die geplante Anlage in Lubmin.

    Blick nach vorn: Diese Visualisierung zeigt die geplante Anlage in Lubmin.

    Bild: GP Joule

  • Die Wasserstoffproduktion in Nordfriesland

    Die Wasserstoffproduktion in Nordfriesland

    Bild: GP Joule

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