Dr. Clemens Wolf, Rothbaum Consulting KI – Aber wie?

Dr. Clemens Wolf verantwortet bei Rothbaum das Geschäftsfeld Digital Operations. Sein Ziel ist es, mit Klienten aus Industrie und Handel die Digitalisierung voranzutreiben und die Operations mit modernen Technologien zu unterstützen. Der promovierte Astrophysiker war zuvor als Data Scientist in der Lufthansa Gruppe und bei Kion tätig.

Bild: Rothbaum Consulting Engineers
23.10.2024

„Künstliche Intelligenz“: kein anderes Trendthema elektrisiert die Industrie aktuell wie dieses. Egal ob als Retter gegen der Fachkräftemangel, Steigerung der Produktivität oder Garant für den Wohlstandserhalt – fast alles schreibt man der KI mittlerweile zu. Aber: Viele KI-Projekte scheitern – nicht zuletzt an der Datenbasis. Andere enden als Lösungssilos ohne großen Mehrwert. Wie gelingt also ein ganzheitlicher Ansatz?

Inzwischen ist für die meisten Akteure in der Industrie klar: Künstliche Intelligenz ist ein Zukunftsthema. Eine aktuelle Bitkom-Umfrage zeigt, dass 68 Prozent der deutschen Unternehmen KI für die wichtigste Zukunftstechnologie halten. Expertenmeinungen bestätigen diese Einschätzung: Laut einer weiteren Umfrage von Mittelstand-Digital sehen 95 Prozent der Befragten in KI das größte Potenzial zur Verbesserung von Arbeitsabläufen, insbesondere in Logistik und Produktion. Doch trotz dieser hohen Einschätzung stehen viele Unternehmen bei der Umsetzung von KI vor Herausforderungen. Nur 15 Prozent der Unternehmen setzen KI bereits aktiv ein, während 28 Prozent entsprechende Pläne haben und 52 Prozent noch keine Maßnahmen ergriffen haben. Diese Diskrepanz zwischen der Bedeutung von KI und der tatsächlichen Umsetzung wirft die Frage auf: Woran liegt es, dass so viele Unternehmen in diesem Bereich nicht vorankommen?

Die häufigsten Gründe für den zögerlichen Einsatz von KI sind fehlendes Know-how, eine unzureichende Datenbasis und ein unzureichender digitaler Reifegrad. Während Know-how und Verfügbarkeit von Fachkräften technologisch schwieriger zu lösen sind, bieten sich für die beiden anderen Probleme Ansätze wie Process Mining als Lösung an.

Mit Process Mining können Unternehmen ihre Prozesse ganzheitlich über verschiedene Quellsysteme erfassen, analysieren und optimieren. Hierbei wird ein digitales Abbild der Unternehmensprozesse erstellt, das als Grundlage für Analysen und Verbesserungen dient. Der große Vorteil an dieser Methode ist, dass die Datenstruktur sehr nah am eigentlich Prozessabbild angelehnt ist, was die Einbindung von IT-Fernen-Mitarbeiter in das Projekt erleichtert. Da das erste Ziel eines Prozess-Mining Projektes ist, ein validiertes digitales Prozessmodell zu erzeugen, wird auch sichergestellt, dass alle prozessrelevanten Daten erfasst und korrekt aufbereitet werden, sodass die Gefahr von Insel-Lösungen sinkt. Durch den Aufbau der ganzheitlichen Transparenz von Anfang bis Ende wird außerdem garantiert, dass man den Prozess an der Stelle mit den richtigen Mittel optimiert, an dem der größte Hebel ist – und nicht einfach eine Lösung implementiert wird, nur da gerade dort KI eingesetzt werden kann.

Ein Praxisbeispiel aus der Industrie verdeutlicht die Vorteile von Process Mining als Grundlage für den Einsatz von KI: Ein Nutzfahrzeughersteller in Deutschland hat mit Process Mining ein durchgängiges Datenmodell eines kritischen Produktionsprozesses erzeugt. Dabei wurden Daten verschiedenster Quellsysteme (ERP, Qualitätsmanagement, MES) verknüpft. Aufbauend auf diesem Modell wurde zunächst mit klassischen Methoden die Produktionskapazität erhöht, bevor anschließend mit KI-Werkzeugen (Machine Learning Modellen) auch die Qualitätssicherung optimiert wurde. Dabei wurden Qualitätsmängel mit den Fehler- und Status-Meldungen der verschiedenen Roboter sowie den Meta-Prozessdaten wie zum Beispiel Schweißparametern in Verbindung gesetzt. Das KI-Modell hat diese Datenflut strukturiert, analysiert und schlussendlich unbekannte Abhängigkeiten gefunden. Diese können nun eingesetzt werden, um frühzeitig Qualitätsprobleme zu reduzieren.

Obwohl Process Mining in der heute weitverbreiteten Case-Centric-Form bereits gut für den Einstieg in die Welt der KI geeignet ist, wird dieser Einstieg mit dem neu aufkommenden Object-Centric Process Mining Ansatz in Zukunft noch leichter werden. Durch die Verwendung dieser weiterentwickelten Form des Process Mining Datenmodells wird nicht jeder Prozess einzeln für den Nutzer digital abgebildet, sondern nach und nach ein Abbild des kompletten Prozesslandschaft in einem einzigen Datenmodell ermöglicht. Dadurch wird eine umfassende Analyse der Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Prozessen ermöglicht und die umfassende Grundlage für alle zukünftigen KI-Optimierungen gelegt.

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